Das Wartelisten-Paradoxon

Stellungnahme vom 8. Juni 2019

In Deutschland gibt es ca. 100.000 Dialysepatienten – auf der Warteliste bei Eurotransplant werden aber gegenwärtig für Deutschland nur gut 7.500 Nierenpatienten gelistet. Was ist mit den anderen 92.500 Dialysepatienten? Wollen sie keine Spenderniere? Sind sie alle zu alt und zu krank?

Die Anmeldung auf der Warteliste ist im Transplantationsgesetz klar geregelt. Darin ist vorgeschrieben, dass der behandelnde Arzt, ebenso auch das Dialysezentrum, Patienten „unverzüglich" anmelden muss, wenn eine Organtransplantation medizinisch angezeigt ist und die
Patienten es wünschen. Unterlässt der Arzt die Meldung trotz Vorliegen der Voraussetzungen, kann dies Schadensersatzansprüche des Patienten nach sich ziehen. Gleichwohl muss man davon ausgehen, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Dialysepatienten, denen eine Transplantation nützen würde, nicht auf die Warteliste kommen.

Nach Schätzungen von Fachleuten müssten bei korrekte Listenführung 20.000 bis 40.000 ZUSÄTZLICHE PATIENTEN auf der Nieren-Wartelistestehen. Das heißt: im Vergleich mit der offiziell geführten Liste wäre die eigentliche und korrekte Warteliste ungefähr fünfmal so lang.

Die wichtige politische Schlussfolgerung lautet: Das Problem des Organmangels ist weit gravierender und die Notlage bei Dialysepatienten weitaus dramatischer, als dies anhand der offiziellen Wartelisten-Zahlen sichtbar wird.

Das Kernproblem ist der Mangel an Spenderorganen. Schon morgen kann es Ihre Eltern, Ihren Ehepartner, Ihr Kind oder auch Sie selbst betreffen! Ihre Nieren stellen plötzlich ihre Funktion ein und Sie rufen – mit Schläuchen aus dem Körper – täglich das Transplantationszentrum oder Eurotransplant an. Aber Tag für Tag hören Sie die Nachricht: Tut uns leid, es gibt keine Spender-Niere für Sie.

Diese deprimierende Situation hat sich in den letzten 10 Jahren durch einen kontinuierlichen Rückgang der Spenderzahlen sogar noch permanent verschärft. Mittlerweile ist Deutschland Schlusslicht in Europa. Es muss etwas Durchgreifendes geschehen. Wir glauben: das kann nur die WIDERSPRUCHSLÖSUNG sein.

Susanne Reitmaier
1. Vors. Gegen den Tod auf der Organ-Warteliste e.V.


Finanzielle Unterstützung

Um die Situation zu verbessern und unsere Ziele zu erreichen, benötigen wir finanzielle Unterstützung. Bitte rufen Sie uns an oder spenden Sie. Vielen Dank!

Eine Mahnung von 1970 (!) -- leider immer noch angebracht

"Bei der Organtransplantation muss die Gesellschaft letztlich eine harte Entscheidung treffen: Vorrang für das Leben oder für Tabus?"

Jesse Dukeminier Jr.

Persönlich betroffen

Die Interessen der persönlich und familiär vom Organmangel Betroffenen -- auch die der zukünftig Betroffenen -- finden politisch nur unzureichend Gehör. Durch Bildungsarbeit, Aufklärung und gute Argumente setzen wir uns für Reformen ein, die allen nützen.