Organkrise: Der Skandal der Zettelwirtschaft

Stellungnahme vom 20. Februar 2019

ZENTRALES ELEKTRONISCHES VERZEICHNIS 

In den meisten Ländern ist die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger, ob sie bereit sind, nach ihrem Tod Organe zu spenden - oder dazu nicht bereit sind -, in EINEM ZENTRALEN ELEKTRONISCHEN VERZEICHNIS erfasst. Zugang zu einem solchen Verzeichnis haben nur Notärzte und Mediziner auf der Intensivstation, während die Bürger ihre Entscheidung jederzeit widerrufen können. In einigen Ländern (z.B. in einigen Bundesländern der USA) wird die getroffene Entscheidung zur Organspende nicht nur zentral registriert, sondern sie kann auch auf einem Personalausweis oder einem Führerschein - auf Wunsch sogar unverschlüsselt - aufgedruckt werden. Ein derartige zentrale Registrierung - wie immer sie konkret ausgestaltet ist - schafft Sicherheit, v.a. AUCH SICHERHEIT FÜR JEMANDEN, DER ODER DIE EINE POSTMORTALE ORGANSPENDE ABLEHNT.

KLEINER PAPIER-ZETTEL

Die deutsche Lösung sieht dagegen anders aus. Hier mutet man den Menschen schon seit Jahrzehnten zu, ihre zustimmende oder ablehnende Entscheidung auf einem KLEINEN PAPIER-ZETTEL festzuhalten, der hochtrabend „Organspendeausweis" genannt wird. Seit einiger Zeit geben DSO und BZgA statt des Zettels zwar kleine Plastikkärtchen aus. Aber das Problem bleibt: die in keiner zentralen Datei registrierten Zettel/Plastikkärtchen sind oft gerade dann, wenn sie gebraucht werden - nämlich auf der Intensivstation z.B. nach einem Verkehrsunfall - entweder unleserlich geworden oder schlicht nicht auffindbar. Das ist der SKANDAL DER ZETTELWIRTSCHAFT.

Statt den Bürgerinnen und Bürgern durch ein zentrales Register endlich Sicherheit darüber zu verschaffen, dass ihre Bereitschaft (oder Nicht-Bereitschaft) zur Organspende nach ihrem Tod auch wirklich respektiert wird, ist zunächst einmal um ein „TRANSPLANTATIONSREGISTER“ gerungen worden. Darin sollen vorgenommene Organtransplantationen nach medizinischen Gesichtspunkten erfasst werden. Die Auswertung der Daten soll zukünftig dazu beitragen, die Lebensdauer des Transplantats und die Gesundheit der Organempfänger und (im Fall der Lebendspende) der Organspender zu erhöhen.

Zwar gibt es nun ein solches Gesetz (seit 2016) - aber das Register gibt es immer noch nicht. Wenn es das Register einmal geben wird, wird sein medizinischer und gesundheitlicher Nutzen aber geringer sein als er sein könnte. Denn man erlaubt es Menschen, die von der solidarischen Organspende eines anderen profitiert haben, den Eintrag ihres Falles in das Register zu verweigern.

Statt ein Transplantationsregister einzurichten, wäre es für die Menschen auf der Organ-Warteliste weit wichtiger gewesen, dass endlich der Skandal der Zettelwirtschaft beseitigt und ein ZENTRALES REGISTER ÜBER DIE BEREITSCHAFT ZUR POSTMORTALEN ORGANSPENDE geschaffen würde.

Darauf werden wir aber vielleicht noch bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten müssen. Nur wenn die WIDERSPRUCHSREGELUNG beschlossen werden sollte, ist das Spenderregister unvermeidlich. Ein guter Grund, sich für diese Regelung auszusprechen.

Dr. Rigmar Osterkamp, Gründungsmitglied


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Eine Mahnung von 1970 (!) -- leider immer noch angebracht

"Bei der Organtransplantation muss die Gesellschaft letztlich eine harte Entscheidung treffen: Vorrang für das Leben oder für Tabus?"

Jesse Dukeminier Jr.

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